11.45 Uhr: Messerstichverletzung Thorax
Standort des Patienten: Dienststelle Polizei
11.51 Uhr: Wir treffen ein. Ein SEW (Sanitätseinsatzwagen) ist bereits vor Ort und beim Patienten.
Der Patient ist 59 Jahre alt und sitzt im Warteraum der Dienststelle. Der SEW ist gerade erst eingetroffen: die Wunde wurde bereits inspiziert, der Blutdruck wird gerade gemessen. Die Polizistin erklärt, die Verletzung wurde ihm nicht hier zugefügt, sondern im öffentlichen Bereich, etwa 50 Meter von der Dienststelle entfernt. Der Patient wäre selbstständig hierher gekommen. Keine Gefahr für uns.
In der Anamnese erklärt der Patient, er wäre von zwei Unbekannten nach Geld gefragt worden, hätte aber keines dabei gehabt. Die Täter wären weitergegangen, einer der beiden hätte sich dann allerdings umgedreht und ihm „in die Magengrube geboxt“. Erst Minuten später hätte er Blut am T-Shirt bemerkt und die Stichverletzung erkannt.
Stichverletzung substernal Aufgrund der Lage der Verletzung kann eine Beteiligung von Herz, Leber, Lunge nicht ausgeschlossen werden.
Der Patient erhält umgehend noch während der Anamnese einen großen iv Zugang (17 G, weiß), 500ml Elomel werden infundiert.
Der Patient wird auf die Trage gehoben und umgehend in den SEW gebracht. Mittels Cor Puls 3 wird ein komplettes Basis- Monitoring etabliert: Blutdruc...
Der Patient wird auf die Trage gehoben und umgehend in den SEW gebracht. Mittels Cor Puls 3 wird ein komplettes Basis- Monitoring etabliert:
Während der Anlage des Monitorings erfolgt ein E FAST.
Die Ultraschalluntersuchung erfolgt modifiziert: In den beiden oberen Quadranten abdominal ist keine freie Flüssigkeit ersichtlich.
Apikal erkennt man einen kleinen Perikarderguss. Das Herz selbst mit guter Pumpfunktion, ohne Kompromittierung . Die Untersuchung dauert weniger als eine Minute, währenddessen erfolgt die EKG Anlage.
4 Kanal EKG: Sinusrhythmus, keine Tachycardie, keine Niedervoltage. Die fehlende Niedervoltage entspricht dem Befund des geringen Ergusses.
Während der Fahrt wird Fentanyl und Cyklocapron verabreicht und ein Wundverband angelegt. Im XABCDE Schema nach wie vor keine Veränderung.
12:51: Vom Eintreffen bis zur Abfahrt sind nun 10 Minuten vergangen. Der Schockraum wird vorinformiert –mit Sondersignal treffen wir um 12:45 in ebendiesem ein.
Der Herzchirurg wurde ebenso informiert und ist im Schockraum gemeinsam mit dem Team der Unfallchirurgie und der Anästhesie anwesend.
Es wird zügig ein CT durchgeführt.
Im CT zeigt sich keine Pathologie. Insbesondere kein Hinweis für Pneumothorax oder Perikarderguss.
Es erfolgt durch die Unfallchirurgen die Versorgung der Stichwunde, eine Tetanusauffrischung sowie die Aufnahme auf der Normalstation zur Observanz. Nach adäquater Analgesie kann der Patient am Folgetag entlassen werden.
Nach dem Zivildienst im Rettungswesen hat Tobias Guttmann das Medizinstudium in Graz absolviert, Turnus in Linz (noch AKh).
Beginn der Facharztausbildung für Anästhesie und Intensivmedizin 2016, Abschluss 2021.
Während des Studiums ehrenamtliche Tätigkeit bei der Rettung.
2017 (zitternder) Beginn der notärztlichen Tätigkeit, bislang weit über 1000 Einsätze.