Lungenkrebs – mit dieser Diagnose sah sich eine 60-jährige Patientin aus Liezen vor sieben Jahren konfrontiert. Nach der Entfernung des gesamten rechten Lungenflügels sowie einer anschließenden Strahlen- und Chemotherapie erholte sich die Patientin sehr gut. Sieben Jahre später wurde erneut Lungenkrebs – im verbliebenen linken Lungenflügel – im Frühstadium diagnostiziert und sie wurde an der Lungenabteilung des Klinikum Wels-Grieskirchen vorstellig. Nach ausführlicher interdisziplinärer Planung und auf Grund der guten Prognose wurde gemeinsam entschieden, den Tumor operativ zu entfernen. Da bei diesem Eingriff keine Beatmung auf Grund des fehlenden rechten Lungenflügels möglich war, konnte mit der ECMO die Versorgung mit lebensnotwendigem Sauerstoff während der OP übernommen werden. Die OP wurde genauestens geplant und konnte problemlos durchgeführt werden. Bereits eine Stunde nach Ende der OP hat die Patientin wieder normal geatmet. Anschließend erholte sich die Patienten im Zuge eines Rehaaufenthalts von der OP, ist mittlerweile jedoch schon wieder zu Hause.
Derartige hochkomplexe Eingriffe wie dieser konnten am Kepler Universitätsklinikum in Kooperation mit dem Klinikum Wels-Grieskirchen in den letzten zwei Jahren bereits drei Mal erfolgreich durchgeführt werden. Bisher ist in Österreich nur ein weiterer erfolgreicher Eingriff am AKH Wien bekannt.
Bei der extrakorporalen Membran-Oxygenierung (ECMO) wird das venöse Blut außerhalb des Körpers in einer Maschine mit Sauerstoff angereichert und dann in das Blutgefäßsystem zurückgeleitet. Das Verfahren funktioniert also wie eine externe Lunge. Weil der Gasaustausch bei der ECMO außerhalb des Körpers erfolgt, kann sich die Lunge der Patientin bzw. des Patienten besser erholen, da die Beatmung so schonender ist.
Ein ECMO-Gerät ist ein spezieller Oxygenator, genauer ein Membranoxygenator, der technisch einer Herz-Lungen-Maschine gleicht. Mit Hilfe einer Pumpe wird über einen großen Gefäßkatheter kontinuierlich eine definierte Blutmenge pro Minute aus dem Körper der Patientin bzw. des Patienten durch einen Membran-Oxygenator gepumpt. Dieser Oxygenator ersetzt den Gasaustausch in der Lunge: Er entfernt Kohlendioxid aus dem Blut und reichert es mit Sauerstoff an. Nach der Passage des Oxygenators gelangt das aufbereitete Blut über einen weiteren großen Gefäßkatheter zurück in den Blutkreislauf der Patientin/des Patienten.
Zur Durchführung der ECMO müssen große Kanülen durch die Haut in zentrale Gefäße des Körpers eingeführt werden - am Hals und/oder in den Leisten. Durch diese Kanülen werden bei einem Erwachsenen etwa drei bis fünf Liter Blut pro Minute aus dem Körper herausgeleitet und durch Membranlungen gepresst, in denen der Gasaustausch stattfindet. Die ECMO sichert nicht nur COVID-PatientInnen sondern auch in ganz speziellen Situationen LungentumorpatientInnen das Überleben.
Der Eingriff bei dieser Patientin hätte ohne der ECMO nicht durchgeführt werden können. Derartige hochkomplexe Eingriffe erfordern immer multidisziplinär getragene Entscheidungen und Vorgangsweisen, die im Tumorboard getroffen werden. In den regelmäßig stattfindenden Tumorkonferenzen werden für jede Patientin bzw. für jeden Patienten individuelle Behandlungspläne erarbeitet.
„Die Behandlung bei Lungenkrebs ist komplex und bedarf der Zusammenarbeit von Spezialistinnen und Spezialisten verschiedener Fachrichtungen – Thoraxchirurgie, Lungenheilkunde, Anästhesie, Intensivmedizin, Kardiotechnik, Pflege, Physiotherapie, Psychotherapie und viele mehr. Um LungenkrebspatientInnen eine optimale Behandlung anhand der neuesten wissenschaftlichen Erkenntnissen und Therapierichtlinien garantieren zu können, betreiben wir am Kepler Universitätsklinikum intensive Forschungsarbeit. Die hervorragende standortübergreifende Zusammenarbeit von Kepler Uniklinikum und Klinikum Wels-Grieskirchen unterstützt diesen Weg,“ sagt Univ.-Prof. Dr. Andreas F. Zierer, Vorstand der Universitätsklinik für Herz-, Gefäß- und Thoraxchirurgie am Kepler Universitätsklinikum Linz und Klinikum Wels-Grieskirchen.
„An beiden Standorten finden sich hochspezialisierte Lungenzentren. Eine umfassende Abklärung im Rahmen der Diagnosestellung ist für die optimale Therapieplanung entscheidend und kann durch hohe Erfahrung und Expertise gewährleistet werden“, sagt Prim. Dr. Josef Eckmayr, Abteilung für Lungenkrankheiten am Klinikum Wels-Grieskirchen.
„Die direkte Kommunikation zwischen den beteiligten medizinischen Fachrichtungen bedeutet bestmögliche Versorgung auch komplexer Krankheitsbilder. Gerade dieser Fall zeigt, wie wichtig eine interdisziplinare Zusammenarbeit ist, um das bestmögliche Vorgehen für die Patientinnen und Patienten zu planen und dann auch mit Erfolg umzusetzen“, ergänzt OA Dr. Rainer Kolb, Abteilung für Lungenkrankheiten am Klinikum Wels-Grieskirchen.
Große Herausforderung für PatientInnen
„Lungenerkrankungen, die einen derartigen schwierigen chirurgischen Eingriff erfordern, stellen für diese PatientInnen und auch dem privaten Umfeld und die Familie eine hohe körperliche und seelische Belastung dar. Eine umsichtige und professionelle Nachsorge, insbesondere in Verbindung mit einer Rehabilitation, ist ein wesentlicher Erfolgsfaktor für eine vollständige Genesung. Patientenorientierte Tumorbehandlung, und ein ergebnisorientiertes Arbeiten für die PatientInnen sind uns ein Herzensanliegen. Multidisziplinäre Teamarbeit in einem multiprofessionellen Team ist Voraussetzung und der Schlüssel zum Erfolg“, sagt Univ.-Doz. Dr. Florian Tomaselli, MIM, Bereichsleiter Thoraxchirurgie am Kepler Universitätsklinikum und Klinikum Wels-Grieskirchen.