Bei ungefähr einem Drittel der Menschen, die an Epilepsie leiden, führen Medikamente nicht zur erwünschten Anfallsfreiheit oder Nebenwirkungen beeinträchtigen die Lebensqualität. Hier kann die Implantation eines Taktgebers im Gehirn rettend sein. Beim EASEE-Implantat (Firma Precisis) handelt es sich um eine neuartige bioelektrische Behandlungsmethode für Patientinnen und Patienten mit schwer therapierbarer Epilepsie, bei denen ein epilepsiechirurgischer Eingriff nicht möglich ist. Am Kepler Universitätsklinikum kann dieses Gerät nun als einziges Zentrum in Österreich auch Kindern zwischen dem 12. und 18. Lebensjahr im Rahmen einer klinischen Studie zur Verfügung gestellt werden. Mitte Juni wurde dieser Taktgeber erfolgreich implantiert, der 13-Jährige ist wohlauf und konnte bereits die Universitätsklinik verlassen.
Das Implantat ist für Erwachsene schon seit 2023 zugelassen, Kinder können aber von dieser Innovation noch nicht profitieren, da für sie noch keine Zulassung vorliegt. Es zu erwarten, dass pro Jahr vier bis fünf Kinder im Kepler Uniklinikum von diesem Gerät profitieren und somit Anfallsfreiheit und eine gute Entwicklung erreichen können.
„Gerade bei Kindern ist die Anfallsfreiheit besonders wichtig, weil nur dann mit einer optimalen geistigen und körperlichen Entwicklung gerechnet werden kann. Dies unterscheidet sich von Erwachsenen, bei denen die Einschränkungen hauptsächlich den persönlichen sozialen Bereich betreffen. Bei beiden Patientinnen-/Patientengruppen ist aber die Anfallsfreiheit der wichtigste Parameter, um das Risiko einer Verletzung oder des vorzeitigen Tods zu verhindern. Auf diese Weise kann nun auch jungen Patientinnen und Patienten geholfen werden, für welche es bislang wenig therapeutische Möglichkeiten gab,“ sagt Priv.-Doz.in Dr.in Gudrun Gröppel, Universitätsklinik für Kinder- und Jugendheilkunde.
Nach einer genauen Abklärung ob die Patientin oder der Patient für die Implantation in Frage kommt, wird die Indikation für den Eingriff gestellt. Der Eingriff dauert ungefähr 90 Minuten und wird in Vollnarkose durchgeführt. Bei dem Eingriff arbeiten zwei Ärztinnen bzw. Ärzte aus der Neurochirurgie sowie eine Ärztin bzw. ein Arzt aus der Neuropädiatrie Hand in Hand. Schon am Tag darauf kann die Patientin oder der Patient wieder nach Hause gehen.
„Es wird ein Stimulator direkt am Knochen über dem Bereich, wo die Anfälle beginnen, angebracht. Minimalinvasiv wird dieser sozusagen unter die Kopfhaut gelegt. Dann wird ein Generator unter der Haut im Brustbereich implantiert, der somit ohne das Gehirn zu berühren, in kurzen Intervallen Stromreize zum epileptischen Fokus sendet. Diese Impulse spürt die Patientin oder der Patient nicht, weil diese Impulse individuell angepasst werden. Nachdem die Wunde gut geheilt ist, wird das Gerät von außen programmiert. Man kann auf die Erfahrungen im Erwachsenenbereich zurückgreifen, der Eingriff ist also medizinisch erprobt. Lediglich die zu programmierenden Parameter sind an den Kinderbereich zu adaptieren. Die implantierten Geräte sind von außen nicht sichtbar,“ erklärt OA Dr. Christian Auer, Universitätsklinik für Neurochirurgie am Neuromed Campus des Kepler Universitätsklinikums.