Knochenersatz für kieferchirurgische Eingriffe, ein Meniskusersatz oder Gewebe zur Schließung einer Gaumenspalte – all das könnte in Zukunft unter Mitwirkung von PROFACTOR, Member of UAR Innovation Network, aus dem 3D-Drucker kommen. Das Steyrer Forschungsunternehmen koordiniert ein mit sechs Millionen Euro dotiertes EU-Projekt rund um neuartige Biomaterialien, die mittels modernster 3D-Druckmethoden zu resorbierbaren Implantaten verarbeitet werden. „Für den Medizintechnik-Standort Oberösterreich bedeutet das einen enormen Schub in Richtung europaweite Kompetenzregion für den medizinischen 3D-Druck“, zeigt sich Wirtschafts- und Forschungs-Landesrat Markus Achleitner erfreut.
„Die Überalterung der Gesellschaft in Europa – und die damit einhergehenden gesundheitlichen Probleme, vor allem rund um Gelenke und Zähne – stellen die Medizin vor große Herausforderungen. Gemeinsam mit ihren Projektpartnern heben Forschungseinrichtungen wie PROFACTOR in Steyr durch ihre Forschungsarbeit die Behandlungs- und Rehabilitationsmöglichkeiten von Patientinnen und Patienten auf eine neue Stufe und sorgen gleichzeitig für einen starken Kompetenzaufbau in Oberösterreich“, hebt Landesrat Achleitner hervor.
Ziel des Projekts ist eine Vermeidung von maximalinvasiven Operationen, kürzere Rehabilitationszeiten und perfekt an das Individuum angepasste Implantate für die Behandlung von Defekten am Meniskus, von Knorpelschäden, Gaumenspalten sowie als Knochenersatz für kieferchirurgische Eingriffe. Mit an Bord sind 19 Partner aus sieben europäischen Ländern. Neben PROFACTOR bringen das Kepler Universitätsklinikum und die Johannes Kepler Universität Linz ihr Know-how bei der Entwicklung, dem Design sowie der Anwendung der neuen Implantate ein.
Die zu entwickelnden biokompatiblen Implantate werden das biologische und mechanische Verhalten des menschlichen Weich- und Hartgewebes nachahmen. Die dafür eingesetzten Materialkombinationen müssen hinsichtlich Härte, Elastizität und Porosität allen Anforderungen entsprechen, die an den jeweiligen Körperteil gestellt werden. Zudem gilt es für eine stabile Verankerung und ein rasches Einheilen ins körpereigene Gewebe zu sorgen. Dadurch sollen sich der Umfang chirurgischer Eingriffe verringern, Komplikationen reduzieren, Rehabilitationszeiten verkürzen und Gesundheitskosten senken lassen.
„Die Herstellung beruht auf einem hybriden, additiven Herstellungsprozess, wobei der Druck der Implantate patientenspezifisch erfolgt. Der Drucker erhält die Daten aus herkömmlichen bildgebenden Diagnoseverfahren der Medizin. Mit Softwarealgorithmen wird die perfekte Geometrie und der optimale innere Aufbau des Implantats errechnet“, erklärt Sandra Haas, Projektkoordinatorin bei PROFACTOR, den Fertigungsprozess. Eine wesentliche Rolle dabei spielen die biokompatiblen bzw. biologisch abbaubaren Materialien, die im Konsortium (u.a. bei Tiger Coatings mit Sitz in Wels und PROFACTOR) zu Inkjet-Tinten formuliert werden.
Die im Projekt neu entwickelten Formulierungen sollen es ermöglichen, hochauflösende 3D-Strukturen mit dem von PROFACTOR neu entwickelten Multimaterial 5-Achsen-Inkjet-System zu drucken. Vor allem die Kombinationen aus Geweberegeneration fördernden und biologisch abbaubaren Materialien ist für die rasche Einheilung des Implantats im entsprechenden Gewebe wichtig. Neben der Entwicklung des Herstellungsprozesses findet die Erprobung einer Anwendung in Oberösterreich statt – an der Universitätsklinik für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie des Kepleruniversitätsklinikums Linz werden in weiterer Folge neuartige, individuell angepasste Implantate für PatientInnen erforscht.
„Dank des regen Austausches im Projekt baut PROFACTOR ein internationales Netzwerk von WissenschafterInnen auf. Für zukünftige Forschungsprojekte können diese Kontakte das perfekte Fundament bilden. Zudem gewinnt der Medizintechnik-Standort Oberösterreich dadurch vor allem im Bereich der regenerativen Medizin und Geweberegeneration auf nationaler und internationaler Ebene weiter an Bedeutung“, so Wirtschafts- und Forschungs-Landesrat Markus Achleitner abschließend.
Detaillierte Projektinformationen: http://www.inkplant.eu/