Ass. Dr.in Michelle Mottl ist erstmalig während ihrer Basisausbildung mit der Pathologie in Berührung gekommen – dabei entfachte sich auch sofort ihr Interesse für das Fach, weshalb sie sich schon damals immer wieder in die Pathologie „verirrte“, um ihr Wissen dahingehend zu erweitern. Heute ist Michelle Mottl seit bereits zwei Jahren als Assistenzärztin im Kepler Universitätsklinikum tätig und absolviert derzeit ihre Facharztausbildung am Institut für Pathologie und Molekularpathologie. Im Mittelpunkt ihrer Arbeit steht der Mensch, denn anders als viele denken, wird in der Pathologie überwiegend – in 85 bis 90 Prozent der Fälle – für die Lebenden gearbeitet. Eine der wichtigsten Aufgaben dabei ist das Mikroskopieren, mit dessen Hilfe Diagnosen gestellt und damit optimale Voraussetzungen für die richtige Behandlung/Therapie geschaffen werden.
„Das Institut für Pathologie und Molekularpathologie am Kepler Universitätsklinikum weckte mein Interesse vor allem aufgrund seiner Größe sowie der vielen Möglichkeiten, die mit einer Universitätsklinik einhergehen. So kann ich mein Wissen in einer breiten Variation an Spezialgebieten ausbauen und zudem Forschungsarbeit leisten. Der Arbeitsalltag wird oft durch seltene Krankheitsfälle geprägt, welche die Tätigkeit noch viel spannender machen, als diese ohnehin schon ist. Die Entscheidung für das KUK fiel mir aufgrund dieser Aspekte sehr leicht und ich bin noch heute froh über diese Wahl. Das liegt auch an der guten Zusammenarbeit mit dem gesamten Team rund um Univ.-Prof. Dr. Rupert Langer.“
Die Zusammenarbeit weitet sich, gerade auch aufgrund des breiten und abwechslungsreichen diagnostischen Aufgabengebiets, auf nahezu alle klinischen Fachrichtungen aus. Am Med Campus III. liegt der Fokus auf den Spezialgebieten der Klinischen Pathologie, inklusive der Zytologie und der Mikrobiologie. Am Neuromed Campus sind das molekularpathologische Labor und die Abteilung für Neuropathologie zu finden. Ärzt/-innen in Ausbildung zur Fachärztin/zum Facharzt haben die Möglichkeit, im Rahmen ihre Ausbildung auch dorthin zu rotieren.
Der Morgen in der Pathologie beginnt mit einer Morgenbesprechung um 08.15 Uhr. Mit dem Ziel sich gegenseitig am Laufenden zu halten, werden hier allgemeine Informationen und Neuigkeiten bezüglich der tagesaktuellen Tätigkeiten ausgetauscht. Des Weiteren werden im Fall von angesetzten Obduktionen auch offene Fragen geklärt.
Die Assistenzärzt/-innen werden morgens entweder Obduktionen oder dem Zuschnitt zugeteilt. Im Zuschnitt werden die eingelangten, in Formalin fixierten Präparate makroskopisch, also mit bloßem Auge, begutachtet. Von einer kleinen Hautexzision bis hin zum großen Operationspräparat (z.B. einer Pankreaskopfresektion) ist alles mit dabei. Die ärztliche Arbeit umfasst hier die Dokumentation der Präparate und die Beschreibung der Veränderungen des Gewebes. Da nur kleinere Präparate komplett histologisch aufgearbeitet werden können, muss die Pathologin/der Pathologe entscheiden, welcher Bereich genauer untersucht werden muss und schneidet diesen heraus (= Zuschnitt). Vor allem bei Tumorpräparaten geht es nicht nur um den Tumor selbst, sondern auch um alle wichtigen Parameter, die neben der reinen Diagnose für ein abschließendes Staging relevant sind, wie z.B. der Abstand zu den Resektionsrändern oder mitresezierte Lymphknoten, die separat präpariert werden müssen. So werden bei größeren Präparaten manchmal mehr als 30 Entnahmen für die spätere histologische Aufarbeitung herausgeschnitten. Daneben gibt es auch noch den sogenannten Schnellschnitt. Hier werden umgehend frische Präparate aus dem OP im Schnellverfahren makroskopisch und histologisch untersucht, die Ergebnisse dem OP direkt mitgeteilt sowie weitere operative Maßnahmen abgesprochen. Deswegen ist Michelle der Meinung: „Die Pathologie ist sozusagen Medizin zum Anfassen".
Zur Mittagszeit findet eine weitere Besprechung statt. Hier werden schwierige Fälle besprochen und im Laufe des bisherigen Tages aufgetretene Fragen geklärt. Diesen Austausch empfindet Michelle als besonders effektiv und lehrreich. Einmal in der Woche gibt es zudem eine separate Weiterbildung nur für die Fachärztinnen und Fachärzte in Ausbildung.
Wenn sich Michelle am Nachmittag nicht im Zuschnitt befindet, widmet sie sich den restlichen Tag der Histologie/Diagnostik. Dabei werden Zuschnitte mithilfe des Mikroskops genauer unter die Lupe genommen. „Ich liebe das Mikroskopieren, es ist, als würde man sich bunte Bilder ansehen, in denen man nach Fehlern suchen muss.“
Ziel ist es, eine präzise Diagnose zu stellen. Diese ist aufgrund der umfassenden und stetig ansteigen Bandbreite an Differenzialdiagnosen oft gar nicht so einfach am Mikroskop geklärt, sondern muss zuerst in der Fachliteratur nachgelesen werden. Oftmals sind auch weitere Spezialuntersuchungen nötig, um z.B. einen Tumor richtig klassifizieren zu können. Jede gestellte Diagnose und jeder angesehene Schnitt wird dann persönlich mit der zuständigen Oberärztin/dem zuständigen Oberarzt besprochen – in vielen Krankenhäusern fehlt dieser Austausch auf persönlicher Ebene, weshalb er von Michelle sehr geschätzt wird .
„Als Pathologin/Pathologe muss man Wissen in allen Fachbereichen haben: So sollen wir nicht nur detailliert den gesamten Körper und all seine Organe kennen und verstehen, sondern auch wie Chirurg/-innen operieren können, um Fehler und Komplikationen während und nach einer Operation zu beurteilen. Zudem müssen wir auch Laborwerte und -parameter, passend zu unserer Verdachtsdiagnose, auswerten können. Wir haben zwar eine große Bandbreite an Aufgabenbereichen, dennoch nehmen wir uns aber immer genügend Zeit, um im Austausch mit den Kolleg/-innen und Kliniker/-innen zu bleiben, nachzudenken und uns mit Fachliteratur weiterzubilden, um am Ende des Tages eine präzise Diagnose zu stellen.“
Die Arbeit als Pathologin/Pathologe gestaltet sich Tag für Tag als interessant und vielseitig:
Kein Tag auf der Pathologie gleicht dem anderen – im Gegenteil, das Tätigkeitsfeld ist sehr abwechslungsreich. Zwar ist die Handhabung beim Zuschnitt und Mikroskopieren dieselbe, die krankhaften Veränderungen unterscheiden sich aber. Man kann sich unsere Arbeit auch wie eine Detektivtätigkeit vorstellen. Man weiß nie, was man findet; welche Fälle aufschlagen – dieser Aspekt ist sehr aufregend. Sehr oft bekommt man es mit äußerst seltenen Fällen zu tun. Ein weiteres Highlight meiner Arbeit ist, dass ich am KUK als Fachärztin in Ausbildung auch die Möglichkeit bekomme, Medizinstudierende und Famulantinnen und Famulanten zu ‚unterrichten‘. So kann ich meine Leidenschaft und mein Wissen weitergeben.
Die Zukunft der Pathologie – insbesondere hinblickend auf die Krebsforschung – sieht Michelle vor allem in der Molekularpathologie. Hierbei wird die Genetik eines Tumors entschlüsselt, wodurch Therapien speziell an die Patientin/den Patienten angepasst werden können. Sehr spannend wird auch die zunehmende Digitalisierung in der Pathologie werden – diese macht das Befunden nicht nur am Mikroskop, sondern auch an Bildschirmen möglich und ergänzt es durch zusätzliche computerisierte Hilfsmittel bis hin zur künstlichen Intelligenz. Diese Entwicklungen findet Michelle Mottl überaus interessant, da für sie ein Teil der Jobbeschreibung mit sich bringt, dass man immer am Zahn der Zeit bleibt.