Ergotherapie geht davon aus, dass „tätig sein“ ein menschliches Grundbedürfnis ist und dass gezielt eingesetzte Tätigkeit gesundheitsfördernde und therapeutische Wirkung hat. Deshalb unterstützt und begleitet Ergotherapie Menschen jeden Alters, die in ihrer Handlungsfähigkeit eingeschränkt sind. Ziel der Ergotherapie ist es, Menschen bei der Durchführung von für sie bedeutungsvollen Betätigungen in den Bereichen Selbstversorgung, Produktivität und Freizeit bzw. Erholung in ihrer Umwelt zu stärken. Dies erlaubt den Patientinnen und Patienten ihre Handlungsfähigkeit im Alltag, ihre gesellschaftliche Teilhabe (Partizipation) sowie ihre Lebensqualität und -zufriedenheit zu verbessern.
Als Teil des Instituts für Physikalische Medizin und Rehabilitation unter der Leitung von Prim. Dr. Christian Mittermaier versorgt die Abteilung Patientinnen und Patienten aller Fachbereiche am Standort Neuromed Campus des Kepler Universitätsklinikums.
Fachlich und organisatorisch geleitet wird die Ergotherapie von Nicole Manolopoulos, die als Mitglied des MTD Beirats (der gehobenen medizinisch-therapeutisch-diagnostischen Gesundheitsberufe) die Belange der Berufsgruppe auch standortübergreifend innerhalb des Kepler Uniklinikums vertritt. Unterstützt wird sie dabei von ihrer Stellvertretung Beate Schwingenschlögl, ihrer Sekretärin Dominique Hummel und den neun Teamleitungen der zentralen und dezentralen Ergo-Teams, die nach Behandlungsschwerpunkten strukturiert sind.
14 Ergotherapeutinnen und Ergotherapeuten sind für die Stationen der allgemeinen Psychiatrie, die psychiatrische Tagesklinik und die Tagesstruktur zuständig, sechs Kolleginnen und Kollegen betreuen die Stationen und die Tagesklinik der Gerontopsychiatrie und sechs weitere kümmern sich um den Schwerpunkt Suchtmedizin inklusive der Außenstelle in Bad Hall. Vier Ergotherapeutinnen versorgen die stationären und ambulanten Patientinnen bzw. Patienten der Kinder- und Jugendpsychiatrie am Neuromed Campus. Das Team der forensischen Psychiatrie besteht ebenfalls aus sechs Personen und die psychosomatischen Stationen, die Tagesklinik und die „Ambulanz für Essstörungen“ werden von fünf Kolleginnen betreut. Elf Ergotherapeutinnen sind für die Patientinnen und Patienten der neurologischen, neurochirurgischen und intensivmedizinischen Stationen, der neurologischen Tagesklinik und der „Ambulanz für Funktionelle Elektrostimulation“ zuständig. Weitere sechs Kolleginnen betreuen die Station der „Akutnachsorge für Patienten*innen der Frühreha Phase B“.
In den Räumlichkeiten der Zentralen Ergotherapie finden pro Woche über 70 Einzeltherapien und 56 Gruppentherapien statt. Weitere 94 Gruppentermine finden direkt in den Therapieräumen auf den Stationen statt und haben vielfältigste Inhalte: vom Gedächtnistraining über Ergonomieberatungen zum Kochen oder ausdruckszentrierten Gestalten mit verschiedenen Medien. Die Ergotherapeutinnen und Ergotherapeuten haben auch die Möglichkeit, mit den Patientinnen und Patienten einkaufen zu gehen, öffentliche Verkehrsmittel zu benutzen oder Wäsche zu waschen, um die Fähigkeiten, die jeweils Förderung brauchen, direkt im Alltagssetting üben zu können.
Begonnen hat die Geschichte dieses Berufs mit dem Krankenpflegeschüler Hans Wolschlager, der 1967 während seines Praktikums auf einer Station mit jugendlichen Patientinnen und Patienten bemerkte, dass gemeinsame Aktivitäten und gezielte Betätigung motivierend für die Jugendlichen war und zu mehr Kooperation mit dem Behandlungsteam beitragen konnte.
Durch seine Recherche fand er schließlich die Berufsausbildung zum Ergotherapeuten, die 1971 zum erstem Mal in Österreich angeboten wurde. Er war einer von 12 Teilnehmerinnen und Teilnehmern des ersten Jahrgangs und legte drei Jahre später als erster Ergotherapeut im damaligen Wagner-Jauregg-Krankenhaus den Grundstein für Österreichs heute größte Ergotherapie-Abteilung. Er stellte sich der Herausforderung, aus dem Nichts Räumlichkeiten zu finden, Personal anzuwerben und Materialien zu beschaffen, um den Patientinnen und Patienten die jeweils passende Therapie zur Verfügung stellen zu können. Durch Unterstützung seines vielfältigen und talentierten Teams erweiterte er die Ergotherapie im Laufe der Jahre auf vier Standorte im ganzen Haus und zum Fachbereich der Psychiatrie kam schließlich auch die Neurologie, die wieder ganz andere räumliche Anforderungen mit sich brachte.
Als letzten Meilenstein vor seiner Pensionierung plante er mit großer Voraussicht die Räumlichkeiten der Zentralen Ergotherapie, in denen die Patientinnen und Patienten heute vom vielfältigen Therapieangebot profitieren: drei Therapieküchen, drei funktionelle Therapieräume, fünf Werkräume mit verschiedenen Schwerpunktsetzungen (Holz, Ton, Textil, ausdruckszentriertes Arbeiten), einen Wahrnehmungsraum, ein Therapiebad, drei Gruppenräume für kognitives Training bzw. für PC-gestützte Programme und einen Schienenraum. Am weiteren Krankenhausgelände finden sich noch die Krankenhausbibliothek und das Patientinnen/Patienten-Café „Sozialzentrum“, die beide im Rahmen des arbeitstherapeutischen Angebotes geführt werden sowie die Therapieräume auf den Stationen, die teilweise interdisziplinär genutzt werden.
Die Ergotherapie arbeitet weitgehend mit einem Bezugstherapeutensystem. So hat jede Station und jedes Behandlungsteam eine oder mehrere klar zugeteilte Therapeutinnen bzw. Therapeuten, die die Patientinnen und Patienten nach der Zuweisung durch die Fachärztinnen und Fachärzten der Stationen anhand eines Erstgespräches befunden und danach, je nach Zielsetzung der Patientinnen und Patienten, erfolgt die Zuteilung in die Schwerpunkte der Ergotherapie, zum Beispiel in die Holzwerkstatt, ins Gedächtnistraining, in die Kochgruppe oder in ein Wahrnehmungsangebot. Die Beobachtungen und Rückmeldungen aus den Therapieeinheiten fließen innerhalb des interdisziplinären Austausches wieder zurück ins Behandlungsteam und dienen der bestmöglichen Behandlung der Patientinnen und Patienten.
Generell prägt die intensive Vernetzung mit allen behandelnden Berufsgruppen im Hause die angenehme Arbeitsatmosphäre am Neuromed Campus und ist somit eine gute Ausgangsbasis für Berufseinsteigerinnen und Berufseinsteiger. Durch die räumliche Nähe zur angrenzenden Fachhochschule für Ergotherapie ist die Abteilung auch intensiv in die Ausbildung von neuen Ergo-Studierenden eingebunden.
„Das breite Behandlungsspektrum, die Methodenvielfalt und der individuelle Blick auf die Bedürfnisse und Erwartungen unterschiedlichster Patientinnen und Patienten bietet unseren Kolleginnen und Kollegen die Möglichkeit ‚ihre‘ ganz persönliche Version der Ergotherapie zu entwickeln und im Zusammenspiel mit dem interdisziplinären Team eine möglichst passende Kombination für unseren Behandlungsauftrag zu schaffen. Diese Art der Selbstverwirklichung und Partizipation sorgt sowohl beim Behandelnden wie auch beim Behandelten für Zufriedenheit und Vertrauen und somit für Bereitschaft zur Veränderung,“ ist die Leiterin der Ergotherapie, Nicole Manolopoulos überzeugt.