Die Entfernung einer oder beider Brüste ist eine leider häufig notwendige Maßnahme im Rahmen einer Brustkrebsbehandlung. Um betroffenen Frauen wieder ein Stück Lebensqualität zurückzugeben, gibt es die Möglichkeit der chirurgischen Wiederherstellung der Brust. Nach Wunsch der Patientin, kann dies entweder mit Implantaten oder, wenn kein zusätzlicher Fremdkörper gewünscht wird, mit Eigengewebe (autolog) durchgeführt werden. Die Plastische, Rekonstruktive und Ästhetische Chirurgie am Kepler Universitätsklinikum ist auf die autologe Brustrekonstruktion spezialisiert. Dabei wird Gewebe vom Unterbauch entnommen und mikrochirurgisch als neue Brust transplantiert. Durch aktuelle Fortschritte im Bereich der 3D-Druck Technologie richtet sich der Fokus zunehmend auf eine personalisierte Behandlung. Der Einsatz dieser neuesten technischen Möglichkeiten erleichtert es den Plastischen Chirurgen ein optimales natürliches Ergebnis für die betroffenen Patientinnen zu erzielen.
Brustkrebs ist die häufigste Krebsdiagnose bei Frauen: Etwa eine von acht Frauen bekommt im Laufe ihres Lebens die Diagnose "Mammakarzinom" gestellt. Eine häufige therapeutische Konsequenz stellt die einseitige oder sogar beidseitige Brustentfernung dar. Die Mehrheit der betroffenen Frauen wünschen sich jedoch eine Wiederherstellung der Brust und dadurch auch ein Stück weit ihrer Weiblichkeit.
Viele Patientinnen wünschen eine Wiederherstellung der Brust mit Eigengewebe und wollen auf Silikonimplantate verzichten. Seit der Erstbeschreibung der DIEP-Lappenplastik im Jahre 1994 gilt diese Methode als Goldstandard in der autologen Brustrekonstruktion. Hierbei wird überschüssiges Haut- und Fettgewebe aus dem Bereich des Unterbauchs mikrochirurgisch transplantiert, um damit eine möglichst natürliche Brust zu rekonstruieren. Über Jahrzehnte wurde diese Methode verbessert und es wurden dabei große Fortschritte erzielt.
Am Fachschwerpunkt für Plastische, Rekonstruktive und Ästhetische Chirurgie des Kepler Universitätsklinikums in Linz wird der 3D-Druck nun auch in der Brustrekonstruktion mit Eigengewebe angewendet. Durch diese weltweit erst sehr vereinzelt durchgeführte Anwendung des 3D-Drucks können wertvolle Erkenntnisse gewonnen werden, die zu einem ästhetisch optimierten Ergebnis führen und dadurch die Zufriedenheit der Patientinnen deutlich erhöhen können.
Im ersten Schritt wird bei der Patientin ein berührungsfreier und strahlenloser 3D-Scan des Oberkörpers und im speziellen der Brust durchgeführt. Im Falle einer beidseitigen Brustrekonstruktion wird in Abstimmung mit den Wünschen der Patientin sowie den anatomischen Gegebenheiten eine vollständig neue Brust mittels 3D-Simulation anhand des 3D-Scans erstellt. Für die einseitige Brustrekonstruktion kann die gesunde Brust als Vorlage oder auch deren eventuell notwendige Angleichung bereits in die 3D-Simulation eingeplant werden. Der mobile, kabellose Handscanner ermöglicht farbgetreue Oberflächenscans des Oberkörpers aus etwa einem Meter Distanz innerhalb einer Minute. Die anschließende Visualisierung des 3D-Scans in der 3D-Software dient als Vorlage für die Planung des Eingriffs und dem Design der individuell hergestellten Schablonen (Surgical Guides). In weiterer Folge wird die 3D-Simulation für den 3D-Druck freigegeben. Mittels 3D-Drucker werden die Modelle aus thermoplastischem Kunststoff erstellt. Die Anfertigung der Guides erfolgt im Medizinischem SLA-3D Drucker, welcher nach dem Prinzip der Stereolithographie arbeitet. Nach einer Druckzeit von etwa 18 bis 20 Std. aus transparentem, biokompatiblem und sterilisierbarem Harz erfolgt das „post-processing“ der gedruckten Teile. Sie werden in Isopropanol gewaschen, in speziellen Lichtschränken nachgehärtet, die Stützstrukturen manuell entfernt und abschließend mit Fräsen nachgearbeitet. Die technische Fertigung ist erst dann abgeschlossen. Das nun fertige „Schablonen Set“ besteht aus dem schalenähnlichen Teil für die Formgebung der Brust und dem Teil der mittels Software „platt gedrückten“ Schale für die Anzeichnung des zu entnehmenden Hautlappens aus dem Unterbauch. Abschließend werden die „Surgical Guides“ in die Zentralsterilisation für die weitere Verwendung im OP weitergeleitet.
Der wesentliche Vorteil der 3D-Modelle liegt in der intraoperativen Planung und Anzeichnung der Lappenplastik im Unterbauch. Hierbei wird der Grundstein für die richtige Positionierung der Lappenplastik und die daraus resultierende Form gelegt. Als besonders herausfordernd gilt die Formung zur Lappenplastik. Eine „Stufenbildung“ sowie eine falsche Projektion im oberen Bereich der Brust können im Verlauf das Ergebnis schmälern. Hierbei liefert das 3D-Modell wertvolle Erkenntnisse und hilft dabei, ein ideales Ergebnis zu erzielen. Auch das Erreichen einer natürlichen Pose der Brust kann durch den Einsatz der 3D-Modelle in Bezug auf das Einnähen der Unterbrustfalte optimiert werden. Diese 3D-Modelle werden in Zusammenarbeit mit der Klinik für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie am Kepler Universitätsklinikum im hauseigenen 3D Scan- und Druckerzentrum gefertigt.
Durch individuell angefertigte Modelle werden die Form, Projektion und Symmetrie der rekonstruierten Brust optimiert und dadurch die Patientenzufriedenheit signifikant gesteigert. Gleichzeitig hat dieses Verfahren, welches berührungsfrei abläuft, keine negativen Konsequenzen für die betroffenen Patientinnen. „Die fortwährende Verbesserung der Behandlung unserer Patientinnen ist unser Anliegen. Durch die Kombination innovativer Forschungsansätze und neuer technologischer Entwicklungen sind wir in der Lage personalisierte und individuell angepasste Wiederherstellungen anzubieten. Somit profitieren unsere Patientinnen direkt von Forschung und Entwicklung am Kepler Universitätsklinikum,“ sagt Prim. Priv.-Doz. Dr. Manfred Schmidt, Vorstand des Fachschwerpunkts für Plastische, Rekonstruktive und Ästhetische Chirurgie.
Die ästhetische Evaluierung durch unsere Patientinnen zeigte eine sehr hohe Zufriedenheit mit dem Ergebnis und alle Befragten würden die 3D-Druck unterstützte Brustrekonstruktion weiterempfehlen.
„Aus unserer Sicht dient der 3D-Druck nicht nur der verbesserten Hebung und intraoperativen Formung der Brust, sondern hilft auch dabei, ein besseres Verständnis der Patientinnen für diesen äußerst komplexen Eingriff zu generieren. Durch die Visualisierung und Involvierung in die Planung fühlen sich die Patientinnen besser aufgeklärt und verstanden. Ebenso können Wunschvorstellungen sowie Erwartungen im Zuge der 3D-Planung abgeglichen werden. Aus unserer Sicht kann die Anwendung des 3D-Druckes zur Unterstützung der Brustrekonstruktion umfassend empfohlen werden,“ so Ass. Dr. Maximilian Zaussinger, Plastische, Rekonstruktive und Ästhetische Chirurgie.