Die Trikuspidalinsuffizienz (TI) ist eine Herzklappenerkrankung, bei der die Klappe zwischen dem rechten Vorhof und der rechten Herzkammer nicht richtig schließt, wodurch Blut in den Vorhof zurückfließt, wenn sich die Kammer zusammenzieht. Dies führt zu Symptomen wie Atemnot und Müdigkeit und kann die Lebensqualität und Lebenserwartung beeinträchtigen. Je eher Herzklappenerkrankungen wie die TI entdeckt und behandelt werden, desto besser für die Betroffenen. Zur Behandlung der TI wurde nun eine neuartige künstliche Herzklappe erstmals in Österreich im Universitären Herz Zentrum OÖ des Kepler Universitätsklinikums erfolgreich implantiert.
In den USA sind schätzungsweise 1,6 Millionen Menschen von mittelschwerer bis schwerer TI betroffen. In Deutschland geht man von circa 400.000 und in Österreich von 40.000 bis 50.000 Menschen aus, die an dieser Herzklappenerkrankung leiden. „Viele Patientinnen und Patienten mit einer TI haben auch andere Herzerkrankungen oder bereits schwere Operationen hinter sich. Das zusätzliche Auftreten der TI kann die Überlebenschancen dieser Patientinnen und Patienten verringern, gleichzeitig sind sie aber für eine offene Herzoperation nicht mehr belastbar“, so Prim. Priv.-Doz. Dr. Clemens Steinwender, Vorstand der Klinik für Innere Medizin 1 - Kardiologie und Internistische Intensivmedizin.
Obwohl einige Patientinnen und Patienten mit TI zunächst häufig nur geringe Beschwerden haben, kann sich ihr Zustand rasch verschlechtern und zu schweren Komplikationen wie Herzversagen und Tod führen. Die herkömmlichen chirurgischen Behandlungsmethoden sind für diese Hochrisikopatientinnen und Hochrisikopatienten oft zu belastend und daher oft nicht anwendbar.
Um eine hochgradige TI bestmöglich und schonend zu behandeln, erhielten kürzlich fünf Patientinnen bzw. Patienten erstmals in Österreich erfolgreich eine sogenannte transfemorale Transkatheterklappe. Das heißt, die Herzklappe zwischen rechtem Vorhof und rechter Herzkammer wurde über die rechte Leiste und untere Hohlvene mittels Katheter ersetzt. Die Eingriffe erfolgten komplikationslos, die Patientinnen bzw. Patienten sind wohlauf. „Derartige Transkatheterbehandlungen zum Herzklappenersatz ohne offene Operation können eine vielversprechende und schonende Option für Patientinnen und Patienten mit Trikuspidalklappenuinsuffizienz sein“, sagt Univ.-Prof. Dr. Andreas F. Zierer, Vorstand der Universitätsklinik für Herz-, Gefäß- und Thoraxchirurgie.
Die neuartige Transkatheterklappe wurde international bisher erst wenige Male eingesetzt. Mit fünf Implantationen ist das Kepler Uniklinikum vorerst weltweit das Zentrum mit den meisten Implantationen. Alle Eingriffe erfolgen im Rahmen einer wissenschaftlichen Studie. Das Kepler Universitätsklinikum ist hierbei eines von nur zehn Herzzentren in Europa, Australien und Kanada. Das Team der Universitätsklinik für Herz-, Gefäß- und Thoraxchirurgie sowie der Klinik für Kardiologie und Internistische Intensivmedizin am Kepler Universitätsklinikum (Universitäres Herz Zentrum OÖ mit Univ.-Prof. Dr. Andreas Zierer, Prim. Priv.-Doz. Dr. Clemens Steinwender, OA Dr. Florian Huber, OA Dr. Michael Grund, Dr. Ilinca Damian, OA DDr. Jörg Kellermair) wurde aufgrund seiner hervorragenden Expertise in der minimalinvasiven Transkatheter-Klappenchirurgie als Studienzentrum ausgewählt. Die Studiendaten werden im neu gegründeten Klinischen Forschungsinstitut für Kardiovaskuläre und Metabolische Erkrankungen erfasst und ausgewertet.
Ein weiterer Schwerpunkt an der Universitätsklinik für Herz-, Gefäß- und Thoraxchirurgie ist die offene Operation an den Herzklappen. Es werden hier neben dem gesamten Spektrum der Klappenersatztherapie auch sämtliche Reparaturverfahren angeboten. Ein besonderes Augenmerk liegt dabei auf der klappenerhaltenden Chirurgie. Dies ist im Bereich der Aortenklappe bei nachgeschalteten Aneurysmen möglich, im Bereich der Mitralklappe werden bereits mehr als Dreiviertel der Klappenoperationen klappenerhaltend durchgeführt.
„Kürzlich wurde erstmals in Österreich eine neuartige biologische MiItralklappe chirurgisch eingesetzt, die durch ein neues Herstellungsverfahren (verbesserte Vorbehandlung des verwendeten biologischen Materials) eine längere Haltbarkeit aufweist. Dadurch kann man diese neue Klappe auch schon bei jüngeren Patientinnen und Patienten verwenden. Wichtig ist noch zu wissen, dass in der Regel bei Mitralklappenerkrankungen besonders die Insuffizienz (also die Undichtigkeit) meist repariert werden kann. Die Rekonstruktion ist die deutlich häufigere Operation. Es ist uns aber trotzdem wichtig, eine qualitativ hochwertige Prothese für Patientinnen und Patienten zur Hand zu haben, bei denen die Reparatur der Mitralklappe nicht möglich ist“, erklärt Univ.-Prof. Dr. Andreas F. Zierer.