Lymphatische Komplikationen sind eine Gruppe von häufig schwerwiegenden Erkrankungen, für die bis vor kurzem nur sehr eingeschränkte diagnostische und therapeutische Maßnahmen zur Verfügung standen. Eine spezielle Methode ermöglicht nun die genaue Darstellung des lymphatischen Systems im menschlichen Körper, von der insbesondere herzkranke Kinder profitieren. Dabei können seit neuestem gezielte lymphatische Interventionen schwer kranken Kindern eine bessere Lebensqualität bringen. Eines der ersten und größten Zentren Europas für „Lymphatische Erkrankungen“ bei Kindern aus der ganzen Welt befindet sich in Linz. Die speziellen Methoden werden am Linzer Kepler Universitätsklinikum in einer Kooperation zwischen dem Kompetenzzentrum für Kinderradiologie unter der Leitung von OA Dr. Mario Scala und dem Kinderherz Zentrum bzw. der Kinderkardiologie unter der Leitung von Prim. Univ.-Prof. Dr. Gerald Tulzer angewandt.
„Ein Großteil der betroffenen Patientinnen und Patienten sind herzkranke Kinder. Diese sind bezogen auf ihre Erkrankung zwar oft stabil, können aber teils durch Lymphgefäßschädigung, die schwere Komplikationen im Bereich von Lunge und Darm bewirkt, nicht länger überleben“,
erklärt Prim. Univ.-Prof. Dr. Franz Fellner, Vorstand des Zentralen Radiologie Instituts.
Das lymphatische System hat neben der Funktion im Abwehrsystem auch eine Bedeutung beim Flüssigkeitstransport und steht in enger Beziehung zum Blutkreislauf. Die normale Lymphproduktion beträgt 2–3 Liter/Tag, bei herzkranken Kindern kann diese auf 20–30 Liter/Tag ansteigen. „In der Bildgebung, dem ‚Lymphatic Imaging‘, werden drei radiologische Untersuchungstechniken kombiniert: Ultraschall, Magnetresonanztomographie (MRT) und Röntgen-Durchleuchtung. Mittels Ultraschall werden zunächst in der Leiste kleinste Lymphknoten (Durchmesser 0,5 bis 3 mm) und in der Leber zarte Lymphgefäße (Durchmesser <1 mm) aufgesucht und mit einer sehr dünnen Hohlnadel punktiert“, schildert OA Dr. Pavel Sekyra (Kinderradiologie) diesen anspruchsvollen Untersuchungsablauf. Nach kurzer Lagekontrolle des Leberzugangs in der Röntgendurchleuchtung und Bestätigung der Leistenlymphknotenzugänge mittels Ultraschall beginnt die MRT. Über die beiden Zugänge wird Kontrastmittel verabreicht, welches in der MRT Lymphbahnen abbildet, sodass krankhafte Veränderungen, wie beispielsweise eine undichte Stelle, zu erkennen sind. „Seit kurzer Zeit kann mittels Kontrastmittelultraschall noch eine zusätzliche funktionelle Beurteilung des lymphatischen Systems erfolgen,“ erläutert OA Dr. Mario Scala (Leitung Kinderradiologie).
„Durch diese genaue Analyse der Lymphbahnschädigungen können lebensrettende Therapien, Operationen oder seit neuestem auch gezielte lymphatische Interventionen angewendet werden. Die gezielten lymphatischen Interventionen ermöglichen es, beispielsweise undichte Stellen am Lymphsystem durch Zugang mittels winzigem Mikrokatheter zu verkleben. Dies ist aufgrund der geringen Größe und der niedrigen Lymphgefäßstabilität, welche deutlich unter jener von Blutgefäßen liegt, sehr schwierig,“ erklärt OA Dr. Christoph Bauer (Kinderkardiologie). Die lymphatische Bildgebung und Intervention ist insgesamt sehr aufwändig und wird in einem hoch spezialisierten und aufeinander eingespielten Team durchgeführt.
Entscheidend dabei ist die interdisziplinäre Zusammenarbeit von Spezialistinnen und Spezialisten aus der Kinderradiologie (OA Dr. Mario Scala, OA Dr. Pavel Sekyra, Prim. Univ.-Prof. Dr. Franz Fellner und Radiologietechnologinnen/-technologen), Kinderkardiologie (Prim. Univ.-Prof. Dr. Gerald Tulzer, OA Dr. Christoph Bauer, OA Dr. Roland Gitter, Angio-Pflege), Kinderherzchirurgie (Prim. Priv.-Doz. Dr. Rudolf Mair), Kinderchirurgie (Prim. Priv.-Doz. Dr. Simon Kargl) und Kinderanästhesie (OA Dr. Gudrun Huber).
Außerdem erfolgt eine rege Zusammenarbeit mit dem renommierten Children's Hospital of Philadelphia in den USA und ein Austausch mit dem Kinderspital in Zürich.